Krypto-Börsen – noch vor dem Durchbruch im Überlebenskampf

Der Bitcoin-Winter, das Seitwärtsdümpeln auf tiefem Kursniveau, setzt den vielen jungen Krypto-Handelsplätzen zu. Niemand ist bereit, die Handelsvolumen zu publizieren, und die Ersten werfen bereits das Handtuch.

Werner Grundlehner
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Bitcoin-Mining-Station in Florenz. (Bild: Alessandro Bianchi / Reuters)

Bitcoin-Mining-Station in Florenz. (Bild: Alessandro Bianchi / Reuters)

Noch vor wenigen Monaten jagte ein Schweizer Krypto-Börsen-Konzept das nächste. Unser Land schien nicht nur das Crypto Valley zu beheimaten, sondern neben dem Paradeplatz nahm die «Crypto Wall Street» bereits Konturen an. Die Verbindung von Schweiz und Krypto-Börse erschien verlockend. Bisher waren viele Handelsplattformen – vor allem in Asien – durch Betrügereien, Hackerangriffe und Konkurse aufgefallen. Die Stabilität der Schweiz wirkte wie ein gutes Gegengewicht dazu. Doch mit dem Absturz der Notierungen von Bitcoin, Ether & Co. sowie dem anschliessenden Kriechgang der Notierungen ist es ruhig geworden um hiesige Währungsbörsen.

Keine Spur mehr in Zug

Typisch ist etwa das Schicksal der chinesischen Bitmain. Anfang 2018 eröffnete das Unternehmen in Zug eine Niederlassung und kündete an, bis Ende 2018 mit Dex.top einen dezentralen Handelsplatz für Krypto-Assets zu lancieren. Bis dahin war Bitmain vor allem als Hersteller von Mining-Equipment zur «Schürfung» von Krypto-Währungen bekannt.

Im Dezember wurde die dezentralisierte Börse an den chinesischen Konkurrenten Bibox verkauft. Heute sucht man in Zug vergebens nach Spuren von Bitmain. Nicht viel mehr – eine leere Website, auf der «we are coming» steht – bietet Xwiss, ein weiteres Börsen-Startup, das 2018 an den Start ging. Als CEO wurde Luca Schenk, ehemaliger CEO der Berner Börse BX, eingesetzt.

Volumen sind Geschäftsgeheimnis

Doch es gibt hierzulande auch Krypto-Börsen, die operativ aktiv sind. Zahlen zu Umsatzvolumen und Einnahmen will aber keiner der Betreiber bekanntgeben. Am erfolgreichsten dürfte die Handelsplattform von Bitcoin Suisse unterwegs sein. Auf die Fragen nach Handelsvolumen und Profitabilität antwortet ein Sprecher: «Wir publizieren weder Statistiken zu unseren Handelsvolumen noch spezifische Umsatzzahlen; wir haben jedoch in den letzten beiden Geschäftsjahren einen Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet und rechnen auch in diesem Geschäftsjahr wieder mit einem soliden Gewinn.»

Als Broker ist Bitcoin Suisse mit den weltweit grössten und wichtigsten Börsenplätzen für Krypto-Währungen vernetzt und kann so gemäss eigenen Angaben beinahe alle Währungen handeln.

Ehemaliger SIX-CEO an Bord

Die Swiss Crypto Exchange (SCX) sieht sich als Entwicklungshelferin, die als Krypto-Börse einen wichtigen Beitrag für den Standort leistet. Die Plattform bietet laut eigenen Angaben privaten und institutionellen Kunden eine neutrale, transparente Handelsplattform. «Momentan sind wir daran, Banken und ihre Bankkunden anzuschliessen, denn auch diese möchten ihre Krypto-Währungen und Token über eine neutrale, multilaterale Plattform handeln können», sagt Christian Katz, Executive Chairman der SCX. Katz war zuvor CEO der SIX.

Auf der SCX lassen sich momentan Bitcoin und Ether gegen Franken und Euro handeln. Zusätzlich werden auf der Plattform Basic Attention Token (BAT), Proxeus (XES) und Streamr Datatoken (DATA) gehandelt. In Kürze sollen die Krypto-Währungen Ripple und Enjin Token hinzukommen. Und in der Pipeline seien noch weitere Token und Währungen, die von den Kunden nachgefragt würden.

Bitcoin Suisse versteht sich als Infrastrukturanbieter, der alles aus einer Hand offeriert, Handels-, Investitions-, Speicher-, Tokenisierungs- und Kreditlösungen, auch für die anspruchsvollsten Kunden.

Volatilität bringt Volumen

Wenig Freude dürften die Börsen am Kriechgang des Bitcoins auf einem Preisniveau um die 3500 $ in den vergangenen Monaten haben. Die Handelsvolumen profitieren von volatilen Märkten, bei Seitwärtsbewegungen gibt es wenig zu verdienen. Der Bitcoin ist nach wie vor die beliebteste Krypto-Währung, und die meisten anderen digitalen Währungen korrelieren stark mit der Ur-Währung. Selbstverständlich würde auch Bitcoin Suisse von steigenden Kursen profitieren, da diese neue Investoren anziehen würden, welche den Aufschwung ausnützen wollten, sagt der Firmensprecher. Gleichzeitig beobachtet der Krypto-Anbieter aber auch höhere Handelsvolumen bei Kursrückgängen – «je höher die Volatilität, desto grösser das Handelsvolumen».

Kaum Anreize zum Handeln

Kurs des Bitcoin in $

Christian Katz spricht in diesem Zusammenhang von einem «Krypto-Winter», der zusammen mit der ICO-Abschwächung (Initial Coin Offering, ICO, Emission von neuen Krypto-Währungen) den Ausbau kurzfristig abbremse. Die SCX ist ein junges Unternehmen, das nach der Aufbau- nun in der Ausbauphase sei, in der es mehr Kunden zu gewinnen gelte. Die Bereinigung im Markt schaffe Platz, um den Zugang zum Krypto-Markt für die Kunden dynamisch und flexibel auszubauen, fügt Katz zweckoptimistisch an.

SIX ändert Strategie

Die Schweizer Börse SIX habe nur kurz mit einer Krypto-Währungs-Börse geliebäugelt und das Projekt dann nicht weiterverfolgt, sagt ein Sprecher der SIX. Bereits Mitte 2018 hätten sie festgestellt, dass es schon ein paar Währungsplattformen gebe, die diese Dienstleistung anböten. Die SIX fokussiert nun darauf, die digitale Börse, die bereits betrieben wird, auf die Blockchain zu bringen. Zuerst soll das bestehende Universum an Aktien auf Token abgebildet werden, dann sollen neue Aktien und später auch andere Wertschriften folgen.

In die gleiche Richtung dürfte die Partnerschaft von Swisscom und der Deutschen Börse gehen, die vor wenigen Tagen angekündigt wurde. Ein Knackpunkt und vom Zeitaufwand her schwer abschätzbar ist die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma), von der noch einige Grundsatzentscheide notwendig sind.

Mehr von Werner Grundlehner (gru)

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