Start in den Beruf : „Der ideale Chef wirkt wie ein Influencer“
- -Aktualisiert am
Sebastian Buggert ist Psychologe am Kölner Rheingold-Institut Bild: Privat
Sebastian Buggert ist Psychologe am Kölner Rheingold-Institut, das aktuell eine Studienreihe zur Generation Z durchführt. Im Interview spricht er über deren Erwartungen an den Beruf und die schwierige Entscheidungsfindung.
Herr Buggert, Sie haben sich intensiv mit der Generation Z beschäftigt, also denjenigen, die nach 1997 geboren wurden. Was ist an ihr besonders?
Diese neue Generation ist sehr gefragt und wird stark in den Fokus genommen. Alle sind gespannt, was sie anders machen werden. Wir haben uns zum Beispiel mit dem Rezo-Video beschäftigt, junge Leute haben selbst gestaunt: Wahnsinn, was wir für einen Einfluss haben.
Jung, unerfahren, großer Einfluss – das hört sich schwierig an.
Das kann es auch sein. Die Generation wird gehypt, zum Hoffnungsträger hochstilisiert, ihre Kompetenz als Digital Natives ist gefragt. Wir hatten junge Leute, die schon berufstätig sind und berichteten, wie sie zu Beginn ihrer Ausbildung eine Event-Woche hatten, um sich kennenzulernen. Der Geschäftsführer ist mitgefahren. Es gab ein Fitnessstudio, wo ein Parcour aufgebaut war, auf dem sie sich austoben konnten. Das ist ein Beispiel aus dem Mittelstand. Hochschulen schalten Kampagnen für Schulabgänger. Abiturienten merken, dass sie attraktiv sind. Das kann Allmachtsphantasien wecken: Auf mich wartet die Welt – sie wissen aber nicht genau, wie sie da rein kommen können.
Es gibt also gefühlt hunderte Optionen, die ihnen offen stehen. Befördert das nicht eine Planlosigkeit?
Planlos würde ich diese Generation nicht nennen, sondern enorm kompetent und reflektiert. Sie haben verstanden, dass die Berufsentscheidung eine Richtungsentscheidung ist. Sich auf eine Richtung festzulegen fällt ihnen schwer, denn ihr Lebensalltag hält viele Optionen bereit. Sie sind gut darin, vieles parallel zu machen, sie handhaben das spielerisch, verabreden sich locker, um dann wieder abzusagen, das fließt alles.
Theoretisch müssten sie gut informiert darüber sein, welche Berufe sich ihnen bieten.
Praktisch sind sie das auch. In der Schule wird die Berufswahl unterstützt, sie werden motiviert, Praktika zu machen oder Tests, die ihnen übers Internet zugänglich sind. Sie sind es gewohnt, hinter Kulissen gucken zu können, googeln Berufe und beschäftigen sich damit. Schon mit 18 Jahren sprechen sie beeindruckend kompetent über Persönlichkeitsentwicklung, Führungsstile, Work-Life-Balance oder Treiber der Arbeitszufriedenheit.
Zu viel Information kann aber überfordern. In Ihren Studien zeigt sich, dass es dieser Generation schwer fällt, sich klar für etwas zu entscheiden.
Das kann man so sagen. Sie finden keine einfachen Antworten, die Informationen werden immer verästelter. Sie haben Angst, sich falsch zu entscheiden, Angst, unglücklich zu werden.
Welchen Einfluss hat Corona auf diese Entscheidungsfindung?
Das ist tatsächlich die Frage. Ich beziehe mich auf Ergebnisse, die vor Corona liegen. Man muss davon ausgehen, dass Corona Verunsicherung auslöst. Das Thema Sicherheit wird beim Berufseinstieg eine stärkere Rolle spielen als vorher.
In der Studie haben sie mehrere Erwartungen differenziert, die junge Menschen an das Berufsleben haben. Welche sind das?
Wichtig ist ihnen, der Beruf soll zu mir selbst, meinem Leben, meiner Persönlichkeit passen, mich bereichern. Sie ahnen, dass es ein Teil ihrer Identität werden wird. Das meint die Qualität von Berufung. Dieses Wort fällt häufig. Werde ich Arzt oder Investmentbanker, dann prägt mich das. Darüber werde ich ein anderer Mensch.
Immer wieder fällt das Stichwort Work-Live-Balance.
Das Thema sprechen sie aktiv an und grenzen sich teils von Eltern explizit ab. Ihr Bild von der Arbeitswelt ist von den Eltern stark geprägt. Sie wollen mindestens deren Lebensstandard halten, sagen aber zum Beispiel: Ich will dabei sein, wenn man Kind die ersten Schritte geht. Sie sind vorausschauend darin, eine bestimmte Lebensqualität zu wählen. Ihnen ist bewusst, dass sie das 30 Jahre lang machen werden, das ist teils doppelt so lang, wie sie alt sind.