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Krypto-Analyse: Kapitalmarktkräfte treffen auf Technologie - über Wale, Wellen und Werte




09.09.21 11:40
Sutor Bank

Hamburg (www.aktiencheck.de) - Am Dienstag sorgte ein "Flashcrash" bei Bitcoin und anderen Kryptowerten für Kurskapriolen. Nach Ansicht von Hartmut Giesen, Digitalisierungsexperte der Hamburger Sutor Bank, bewegen verschiedene Kräfte die Krypto-Kurse.

Diese müssten Anleger verstehen, wenn sie in diese Anlageklasse investieren würden. Während kurzfristige Marktereignisse - etwa wenn sogenannte "Wale" ihre hohen Kryptobestände auf den Markt werfen würden - kurzfristig immer wieder für höhere Ausschläge sorgen könnten, würden die Wellentäler - von Kurstief zu Kurstief - flacher, wie sich am Beispiel des Bitcoinkurses zeigen lasse. Dies spreche für einen langfristigen, technologiegetriebenen Aufwärtstrend des Bitcoin und der Kryptowerte insgesamt. Diese eher technologie-, aber weniger kapitalmarktgetriebene Entwicklung ähnele den Hype-Zyklen, mit denen sich die Adaptierung von technischen Innovationen beschreiben lasse.

Im Kern würden nach Analyse von Hartmut Giesen die Mechaniken von zwei verschiedenen Welten aufeinander treffen: Finanzmarktkräfte und die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich Technologie durchsetze. "Kryptowährungen beziehen ihren Wert aus der Technologie, der Blockchain, aus der heraus sie entstehen. Das Neue und Besondere ist daher, dass diese Technologie, die sich gerade durchsetzt, Finanzinstrumente quasi selbst emittiert und der Kurs dieser Finanzinstrumente von deren technologischer Durchsetzung beeinflusst wird. Aber eben nicht nur: Auch Finanzmarktkräfte beeinflussen die Kurse, was die Volatilität von Kryptowerten im Allgemeinen und der Flashcrash vom Dienstag im Besonderen gezeigt hat", erkläre Hartmut Giesen.

Flashcrashs oder andere extreme Volatilitätsbewegungen würden sich nach Ansicht des Krypto-Experten in der Regel sehr eindeutig kurzfristigen Finanzmarktereignissen zuordnen lassen: "Man vermutet, dass sogenannte "Wale" - also Marktakteure, die auf hohen Beständen sitzen - den mit dem Start des Bitcoin als staatlich anerkannte Währung von El Salvador verbundenen Preis-Peak genutzt haben, um Kasse zu machen und dadurch den Preis nach unten gerissen haben", sage Giesen.

Der Innovationsmanager sehe zwei verschiedene Arten von Wellen in der Kursentwicklung von Kryptowerten: Kurzfristige Spekulationswellen (Oberflächenwellen), die von Sentiments, Trends oder dem Verhalten von Marktteilnehmern beeinflusst würden, sowie langfristige Wellen (Tiefenwellen), die die Adaptierung der Blockchain-Technologie reflektieren würden.

Die Tiefenwellen würden sich demnach am besten am Bitcoin-Kurs beobachten lassen, weil dieser historisch am weitesten zurückreiche: "Wir sehen, dass die Wellenberge mit Kurshöchstständen tendenziell höher und die Wellentäler mit Kursminima tendenziell weniger tief sind. Die Wellenlängen werden kürzer, das heißt die Wellenberge folgen in kürzeren Abständen", stelle Giesen fest.

Die Tiefenwellen würden nach Analyse des Experten den Technologie-Adaptionswellen ähneln, wie sie zum Beispiel der "Hype Cycle" des Beratungsunternehmens Gartner beschreibe. Danach würden Technologien eine Phase der Euphorie bis zu einem gewissen Höhepunkt durchlaufen und dann in das Tal der Ernüchterung stürzen, bevor sie auf einem Plateau der Produktivität ankämen. "Die Blockchain-Technologie durchläuft diesen Zyklus iterativ, wahrscheinlich weil sei relativ komplex ist und sich die Anwendungsgebiete erst langsam erschließen", sage Giesen.

Für den langfristigen, technologiegetriebenen Aufwärtstrend von Kryptowährungen sehe Giesen zwei Parameter: Zugang sowie Entwicklung innovativer "Anwendungsblockchains".

Mit Blick auf den Marktzugang habe sich nach Beobachtung von Hartmut Giesen gerade in Deutschland in den letzten Monaten sehr viel getan. "Ein Teil der Preisentwicklung des Bitcoin lässt sich damit erklären, dass immer mehr Menschen Zugang zu Kryptowährungen bekommen und die Nachfrage in Deutschland und ähnlich in anderen Ländern weiter steigt", sage Giesen. Noch im vergangenen Jahr habe kaum ein Broker Kryptowährungen im Angebot gehabt, Interessierte hätten auf Spezialplattformen oder ausländische Kryptobörsen ausweichen müssen. Im Oktober 2020 sei mit JustTrade das erste Krypto-Broker-Angebot an den Markt gegangen. Inzwischen sei der Kauf von Kryptowährungen so einfach wie der Kauf von Aktien oder Fonds. "Weitere neue Produkte, wie etwa die Kryptowerte-Portfolio-Sparpläne des Anbieters coindex werden die Adaption auch von langfristig orientierten Anlegern weiter beschleunigen", sei Hartmut Giesen überzeugt.

Ähnliche Zugangserleichterungen hätten sich nach Einschätzung von Hartmut Giesen auch für institutionelle Anleger beobachten lassen, weil deren Handelspartner Kryptowerte in ihr Angebot aufnehmen würden, eine technische Transaktions- und Verwahrinfrastruktur für professionelle Anleger entstehe und die Regulierung sich entsprechend entwickle. Gemäß den neuen Regelungen im Fondsstandortgesetz dürften institutionelle Fonds nun 20 Prozent des Vermögens in Kryptowerte investieren.

Als zweiten Faktor, der für eine langfristig stabile Entwicklung bei den Kryptowährungen spreche, sehe Experte Giesen das Auftreten neuer Kryptowährungen wie Polkadot, Cardano oder Solana. Dabei handele es sich nicht um Spekulationscoins, sondern native Layer-1-Währungen, die die Basis für Blockchains mit einer klaren technischen Vision bilden würden - wie etwa weniger Energieverbrauch, effizientere Transaktionen oder Interoperabilität zwischen Blockchains. "Die Preise für diese Währungen werden in natürlicher Weise weiter steigen, wenn sich die jeweiligen Technologieansätze durchsetzen", sei Hartmut Giesen überzeugt.

"Selbst der reine Spaß-Spekulationscoin Dogecoin, auch ein Layer-1-Token, entwickelt eine technische Vision als besserer Bitcoin - granularer, schneller und energieeffizienter - und stelle sich organisatorisch entsprechend auf", ergänze Giesen.

Um die Hypothese der Adaptionswellen zu untermauern, hat die Sutor Bank eine Auswertung des Bitcoin-Kurses vorgenommen. Für die Analyse hat die Sutor Bank Daten von 2013 bis 2021 ausgewertet. Der Fokus habe dabei auf zwischenzeitlichen "Hochs" und "Tiefs" gelegen. Habe es beispielsweise vom ersten Allzeithoch im November/Dezember 2013 (1.100 USD) bis zum nächsten Hoch im Dezember 2017 (19.000 USD) noch 60 Monate gedauert, hätten sich fortan die Zeiträume von Hoch zu Hoch stets weiter verkürzt. Vom Zwischenhoch im Juni 2019 bis zum neuen Allzeithoch im April 2021 seien es demnach nur noch 21 Monate gewesen. Gleiches lasse sich bei den Tiefs ablesen. Habe es vom Tief im August 2015 (220 USD) bis zum nächsten Zwischentief im Dezember 2018 noch 52 Monate gedauert, so seien es vom Tief im März 2020 (5.200 USD) bis zum Tief im Juli 2021 nur noch 16 Monate gewesen.

Bei den Rückschlägen lasse sich feststellen, dass diese über die Zeit weniger massiv ausfallen würden. Demnach habe der Rückschlag zwischen dem letzten Hoch im April 2021 und dem letzten Tief im Juli 2021 bei rund 47 Prozent gelegen, davor jedoch zwischen Juni 2019 (Hoch) und März 2020 (Tief) bei 58 Prozent, zwischen Dezember 2017 (Hoch) und Dezember 2018 (Tief) sogar bei 80 Prozent.

"Lässt man die kurzfristigen Ups und Downs einmal außer Acht, erkennt man, dass die Kurstäler tendenziell kürzer und weniger tief werden. Der auf ein Tief folgende "Wellenberg" ist hingegen höher als der vorige", stelle Hartmut Giesen fest. Diese fundamentaleren Wellen hätten aus Sicht von Hartmut Giesen somit eher Adaptions- anstatt Spekulationswellen dargestellt - was für eine deutlich fortschreitende Marktadaption des Bitcoin spreche, und damit auch eine zunehmende Relevanz als Diversifikator in Anlegerportfolios. (09.09.2021/ac/a/m)






 
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