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"Einsatz bei 18- bis 60-Jährigen" Curevac-Chef hält trotz geringer Wirksamkeit an Impfstoff fest

Deutschlands zweite Impfstoff-Hoffnung hat sich zerschlagen: Das Vakzin von Curevac zeigt auch in der entscheidenden Analyse eine deutlich geringere Wirksamkeit als andere Mittel. Dennoch sieht Curevac-Chef Franz-Werner Haas Potenzial für sein Produkt.
Enttäuschende Daten: Der Impfstoff von Curevac zeigt nur eine Wirksamkeit von 48 Prozent

Enttäuschende Daten: Der Impfstoff von Curevac zeigt nur eine Wirksamkeit von 48 Prozent

Foto: Martin Wagner / imago images/Martin Wagner

Trotz der enttäuschenden Studienergebnisse hält Curevac-Chef Franz-Werner Haas (50) an seinem Covid-19-Impfstoff fest und will mit der Europäischen Union (EU) über die passenden Einsatzorte des Vakzins sprechen. "Wir haben eine Lieferverpflichtung gegenüber der EU und besprechen natürlich, wie und wo dieser Impfstoff dann nach einer Zulassung am besten zum Einsatz kommen wird", sagte Haas am Donnerstag. Es sei dann aber die Entscheidung der EU, wo er verwendet werde.

Der Vorstandschef sieht Potenzial für den Einsatz des Impfstoffs bei 18- bis 60-Jährigen, denn in dieser Altersgruppe hat er nach Angaben des Unternehmens eine "signifikante Schutzwirkung" gezeigt. Bei über 60-Jährigen war dagegen keine Bestimmung der Wirksamkeit möglich. Curevac spreche darüber mit der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA, sagte Haas weiter. Ob und wann das Tübinger Unternehmen aber einen Zulassungsantrag stellen werde, könne er derzeit noch nicht sagen.

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Die Köpfe hinter Curevac

Foto: Christoph Schmidt / dpa

Curevac hatte am Mittwochabend die finalen Daten aus der entscheidenden Studie mit dem Vakzin veröffentlicht. Demnach zeigte der Impfstoff eine Wirksamkeit von nur 48 Prozent gegen eine Covid-Erkrankung jeglichen Schweregrades und in allen Altersgruppen. Bei Studienteilnehmern zwischen 18 und 60 Jahren stellte Curevac aber eine Wirksamkeit fest, die bei 53 Prozent gegen eine Erkrankung jeglichen Schweregrades und bei 77 Prozent gegen einen moderaten und schweren Krankheitsverlauf lag. Vor einem Krankenhausaufenthalt oder Tod seien die geimpften Studienteilnehmer in diesem Alter vollständig geschützt gewesen - sechs Fälle habe es in der Gruppe gegeben, die ein Placebo erhielt. Bei Studienteilnehmern über 60 Jahren, die 9 Prozent der untersuchten Fälle dargestellt hätten, sei keine statistisch eindeutige Bestimmung der Wirksamkeit möglich gewesen.

Bei einer Zwischenanalyse vor zwei Wochen waren es 47 Prozent gewesen. Damit ist der Impfstoff insgesamt deutlich weniger wirksam als andere Impfstoffe. Die Daten der Zwischenanalyse hatten für einen Absturz der Aktie und Enttäuschung bei Politikern gesorgt. Am Donnerstag knickte der Kurs  der in den USA gehandelten Aktie vorbörslich erneut um 18 Prozent auf 52,50 Euro ein. Damit hielt er sich aber deutlich über den Tiefkursen von Mitte Juni, als erste Eckdaten zur Wirksamkeit bereits enttäuschend ausgefallen waren und den Aktienkurs zeitweises unter 40 Euro gedrückt hatten.

Spahn plant mit 204 Millionen Impfstoffdosen für 2022

Nach der Veröffentlichung von Zwischenergebnissen Mitte Juni hatte die EMA betont, dass es keine harte Mindestgrenze bei der Wirksamkeit gebe. Bei klinischen Studien werde zwar von einer Mindestgrenze von 50 Prozent Wirksamkeit ausgegangen. Aber vor allem im Zusammenhang mit den neuen Virusvarianten müsse man die Daten eingehend prüfen und Vorzüge gegen Nachteile abwägen.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (58) geht jedoch davon aus, dass die EMA den Curevac-Impfstoff nicht zulässt. "Mit der geringen Wirksamkeit von 48 Prozent wäre der Curevac-Impfstoff nicht einsetzbar in Deutschland. Wenn es Impfstoffe gibt, die so viel stärker sind, wie Moderna und Biontech, wie mit Abstrichen auch Johnson & Johnson und Astrazeneca, dann gibt es keinen Platz für einen Impfstoff, der nicht so gut ist", sagte Lauterbach der Düsseldorfer "Rheinischen Post".

Die Europäische Union hat sich von dem Impfstoff bis zu 405 Millionen Dosen gesichert. In den Planungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (41) für 2022 ist der Impfstoff des Unternehmens nicht mehr enthalten. Nach Informationen verschiedener Medien will Spahn für das kommende Jahr 204 Millionen Impfstoffdosen bestellen, 84,4 Millionen davon sollen von Biontech/Pfizer kommen.

An Curevac ist auch der Bund indirekt über die KfW zu 16 Prozent beteiligt. Auf diese Weise wollte Berlin das Unternehmen gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern. Den größten Anteil am Unternehmen hält der SAP-Mitbegründer und Investor Dietmar Hopp. Das Präparat des Tübinger Unternehmens Curevac ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff - wie der von Biontech/Pfizer (Deutschland/USA) und Moderna (USA).

mg/Reuters, dpa-afx
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