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Luftfahrt Airlines fürchten Omikron-Trauma

Noch immer leiden die großen Airlines unter den Reisebeschränkungen der Pandemie. Nun fürchten sie einen erneuten Einbruch, ausgerechnet im wichtigen Weihnachtsgeschäft. Dabei trifft es wohl nicht alle gleich schlimm.
Unter Druck: Der Golf-Carrier Emirates befürchtet erhebliche Traumata für die Branche

Unter Druck: Der Golf-Carrier Emirates befürchtet erhebliche Traumata für die Branche

Foto: Maurizio Gambarini/ dpa

Die großen Fluggesellschaften, die sich erst langsam vom den Auswirkungen der Pandemie zu erholen schienen, treibt die Sorge vor einem Omikron-Schock. Sie bereiten sich laut Analysten auf Nachfrageausfälle aufgrund des Coronavirus vor, der sie abermals dazu zwingen könnte, ihre Flugpläne und Flugziele kurzfristig zu ändern und sich nach Möglichkeit stärker auf die Inlandsmärkte zu konzentrieren.

Gerade die Weihnachtszeit ist für die Airlines eigentlich eine Hochsaison. Viele Reisende hatten bereits ihre Tickets gebucht. Die deutsche Lufthansa hatte gerade sogar ihre staatlichen Rettungskredite komplett zurück bezahlt.  Aber seit den Nachrichten über die neue Variante wächst in der Branche die Besorgnis.

Die schärfste Warnung kam von Tim Clark, dem Präsidenten des Golf-Carriers Emirates. In den Wochen bis Weihnachten und Neujahr werde sich viel entscheiden. Gerade in diesem Jahr sei "der Dezember ein sehr wichtiger Monat für das Fluggeschäft", sagte er schon am Dienstag. "Wenn dieser Monat verloren geht, oder der Winter für viele Fluggesellschaften verloren geht, wird es zu erheblichen Traumata in der Branche kommen." Auch Scott Kirby, Vorstandschef der US-Gesellschaft United Airlines, erwartet, dass sich die neue Variante kurzfristig auf die Buchungen auswirken wird. Erst am Mittwoch wurde der erste Omikron-Fall auch in den USA anchgewiesen – bei einem Reisenden aus Südafrika.

Die Börsenkurse der Luftfahrt- und Touristikindustrie waren nach dem Wochenende deutlich eingebrochen, erholten sich aber wieder ein wenig. Die Ratingagentur Fitch hat gleichwohl die Prognosen für das weltweite Passagieraufkommen in den Jahren 2021 und 2022 gesenkt. Das Auftauchen neuer Varianten wie Omikron erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass die Bedingungen volatil bleiben werden. "Es fühlt sich ein wenig so an, als wären wir wieder dort, wo wir vor einem Jahr waren – und das sind keine guten Aussichten für die Branche und darüber hinaus", sagte Deirdre Fulton, Partnerin bei der Beratungsfirma MIDAS Aviation.

Die Airlines stellen sich auf erneute Reisebeschränkungen ein, obwohl die alten noch längst nicht komplett aufgehoben waren. Um möglichst glimpflich davonzukommen, mahnte die internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) zu maßvollen Maßnahmen. Die Kosten einer erheblich eingeschränkten globalen Luftmobilität würden alle Länder betreffen. Die unterschiedlichen, nationalen Bestimmungen gelten in der Branche als eine Ursache für die noch immer gesunkene Nachfrage.

Die Auswirkungen von Omikron werden nun wohl von Land zu Land und von Region zu Region unterschiedlich sein, da jede Regierung anders reagiert und die globalen Fluggesellschaften sowie ihre Geschäftsmodelle sehr unterschiedlich sind.

Japan Airlines und ANA Holdings etwa haben am Mittwoch neue Reservierungen für internationale Flüge nach Japan bis Ende Dezember ausgesetzt, da das Land die Grenzkontrollen verschärft. Fluggesellschaften in Ländern mit großen, starken Inlandsmärkten wie den Vereinigten Staaten, China oder Russland sind besser vor den größeren Unwägbarkeiten des internationalen Reiseverkehrs abgeschirmt. In Europäischen Union dürfte es für die Airlines dagegen schwieriger werden.

Eine Analyse von UBS zeigt, dass die US-Fluggesellschaften ihre geplante Kapazität aktuell noch nicht verändert haben. Diese liegt im Dezember bei 87 Prozent des Niveaus von 2019 und wird im Januar voraussichtlich 92 Prozent erreichen. United Airlines nimmt in diesen Tagen sogar die Strecke Newark-Kapstadt auf; Delta Air rechnet weiterhin mit starken Buchungen in der Weihnachtszeit.

"Im vergangenen Jahr hat jede neue Variante einen Rückgang der Buchungen mit sich gebracht, aber auch einen Anstieg, sobald der Ansturm abgeklungen ist. Wir gehen davon aus, dass sich dieses Muster fortsetzen wird", sagte Helane Becker, Analystin bei Cowen and Co.

Die großen europäischen Fluggesellschaften wie Lufthansa oder British Airways sind weitaus stärker vom internationalen Reiseverkehr abhängig als ihre US-amerikanischen Pendants, so dass sie vermutlich stärker von den Auswirkungen der Omikron-Variante betroffen sind. Außerdem ist die Virusvariante in der EU schon häufiger nachgewiesen worden.

"Wir sehen, dass es eine Auswirkung gegeben hat, besonders auf die kurzfristigen Abflüge", erklärte EasyJet-Chef Johan Lundgren am Dienstag. "Aber es ist nicht das gleiche Ausmaß an Auswirkung und Rückgang, das wir in früheren Zeiten gesehen haben, als die Beschränkungen eingeführt wurden."

In Asien hatten Länder wie Australien, Japan, Singapur und Thailand erst in den letzten Wochen begonnen, die Grenzbeschränkungen vorsichtig aufzuheben. Die Passagierzahlen blieben dort auf einem Bruchteil des früheren Niveaus. Die Fluggesellschaft Cathay Pacific Airways aus Hongkong etwa, die über keinen nennenswerten Inlandsmarkt verfügt, operiert mit 10 Prozent des Vor-Krisen-Kapazität.

lhy/Reuters
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